Juliette Greco

* 07.02.1927 in Montpellier
† 23.09.2020

Angelegt am 24.09.2020
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Über den Trauerfall (9)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Juliette Greco, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Juliette Gréco

24.09.2020 um 10:56 Uhr von Redaktion

Juliette Gréco (* 7. Februar 1927 in Montpellier; † 23. September 2020 in Ramatuelle) war eine französische Chansonsängerin und Schauspielerin. Sie wurde als „grande dame de la chanson“bezeichnet und galt als Muse der französischen Existentialisten.

Leben

24.09.2020 um 10:55 Uhr von Redaktion

Über ihre Mutter, die während des Zweiten Weltkriegs in der französischen Résistance aktiv war, berichtete Gréco: „Meine Mutter war niemals eine richtige Mutter zu mir. Sie war ihr ganzes Leben lang Soldat. An ihrer Brust hingen unzählige Auszeichnungen und Medaillen der französischen Widerstandskämpfer … sie war eine Frau, die man achten mußte, aber nicht lieben konnte. Ich habe niemals eine richtige Familie gehabt.“ Oder auch: Ihr Vater war ein korsischstämmiger Polizist. Bevor sie nach Paris zog, lebte sie einige Zeit bei ihrer Großmutter in Bordeaux.

Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte Gréco 1937 im Alter von zehn Jahren auf einem schulinternen Talentwettbewerb. Sie wurde 1943 mit ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester von der Gestapo verhaftet. Sie wurde zuerst in ein Lager, dann in das Gefängnis Fresnes gebracht, woraus man sie nach drei Wochen wieder entließ. Ihre Mutter und ihre Schwester überlebten das KZ Ravensbrück. Grécos Verhältnis zu Deutschland blieb distanziert. Erst 1959 trat sie in der Bundesrepublik auf.

Nach dem Krieg blieb sie in Paris. Sie hielt sich mit kleineren Gesangseinlagen über Wasser und zählte bald zur Bohème der Hauptstadt. In dieser Zeit kam sie mit kommunistischem Gedankengut in Berührung. 1946 eröffnete sie im Pariser Künstlerviertel Saint-Germain des Prés die Kellerdiskothek „Tabou“, die zu einem legendären Treffpunkt der Existenzialisten wurde. Boris Vian spielte hier Trompete, zu ihren Stammgästen zählten Jean-Paul Sartre, Orson Welles und Marlene Dietrich. Im Kellerlokal wurde sie von Jean-Paul Sartre entdeckt und gefördert: Eines Nachts, nach einer Theater-Vorstellung, stieg sie im Tabou auf einen Tisch und sang den Künstlern und Literaten Chansons vor. Tags darauf bestellte sie der Philosoph Jean-Paul Sartre in seine Wohnung und gestand ihr, er sei davon überzeugt, dass sie bald eine der großen Chanson-Sängerinnen sein werde. Juliette Gréco durfte sich zwei Sartre-Gedichte aussuchen, die der Dichter dann vom Komponisten Joseph Kosma vertonen ließ. Wenig später, im Juni 1949, sang sie die Sartre-Chansons und vier weitere vom Förderer ausgesuchte Texte in dem der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft gehörenden Existentialisten-Keller La rose rouge.

 

Ron Kroon: Juliette Gréco (1966)

Ihre Chansons wie Si tu t’imagines oder L’Éternel féminin wurden Ende der 1940er Jahre zu Hits. Schriftsteller wie Sartre, Françoise Sagan, Jacques Prévert, Francois Mauriac oder Albert Camus schrieben für sie Texte. Gleichzeitig wurde sie als Schauspielerin bekannt. Sie nahm verschiedene Rollen am Theater wahr und betätigte sich in einer Poesie-Sendung im Radio. Mit der Revue April in Paris ging sie 1952 auf Tournee in die Vereinigten Staaten und nach Brasilien. Ihre Anhänger feierten sie als „Königin der Existenzialisten“ oder als „Muse von Saint-Germain-des-Prés“.

Schon kurz nach Beginn der Gesangskarriere kamen ab 1948 die ersten kleineren Filmrollen, 1953 die erste Hauptrolle in Jean-Pierre Melvilles Film noir Quand tu liras cette lettre. 1957 holte Darryl F. Zanuck sie für die Hemingway-Verfilmung The Sun Also Rises mit Tyrone Power, Ava Gardner, Mel Ferrer und Errol Flynn erstmals nach Hollywood. Weitere größere Rollen in von Zanuck produzierten Filmen sollten folgen (1958 The Roots of Heaven unter der Regie von John Huston, 1960 Crack in the Mirror mit Orson Welles unter der Regie von Richard Fleischer, 1961 The Big Gamble), ebenso Rollen in europäischen Filmproduktionen. 1965 spielte Gréco eine Hauptrolle in der TV-Miniserie Belphégor oder das Geheimnis des Louvre; in der Neuverfilmung des zu Grunde liegenden Romanes von Arthur Bernède von 2001 mit Sophie Marceau, Belphégor, hatte sie einen Cameo-Auftritt, nachdem sie seit 1975 nicht mehr schauspielerisch tätig gewesen war.

Trotz ihrer Erfolge erreichte die Gréco zu keiner Zeit eine Popularität wie beispielsweise Édith Piaf. Dafür galten ihre Lieder als zu politisch und intellektuell. So verlief ihre Karriere in einem ständigen Auf und Ab, immer wieder gelang ihr aber ein Comeback. Im deutschsprachigen Raum trat sie zuletzt vereinzelt zusammen mit ihrem Ehemann am 13. November 2007 in Berlin (Admiralspalast), am 16. November 2007 in München (Prinzregententheater), am 19. Juni 2010 in Pirmasens (Festhalle) und am 1. Juli 2010 im Rahmen des Jazzfests in Wien (Staatsoper) auf. Am 5. Februar 2012 wurde anlässlich ihres 85. Geburtstags ein Interview bei ARTE ausgestrahlt, gefolgt von Aufnahmen eines Auftritts im Pariser Olympia 2004. Am 14. April 2012 trat sie im Theaterhaus in Stuttgart vor ausverkauftem Haus auf.

 

Juliette Gréco (2009)

Auch privat verlief das Leben der Gréco nicht immer in ruhigen Bahnen. Eine erste Ehe (1953 bis 1956) mit dem Schauspieler Philippe Lemaire, aus der Tochter Laurence Marie hervorging, scheiterte. Von 1966 bis 1977 war sie mit dem französischen Schauspieler Michel Piccoli verheiratet, 1989 trat sie mit dem Pianisten Gérard Jouannest, der für Gréco zahlreiche Chansons komponierte, vor den Traualtar. Die Künstlerin bekannte freimütig in einem Interview für die Wochenzeitung Die Zeit, dass sie auch sexuelle Kontakte zu Frauen hatte. Diesbezüglich sagte sie: „Ich wollte schließlich nicht als Idiotin sterben … Warum sollte man nicht die gleiche sinnliche und intellektuelle Liebe für eine Frau empfinden können wie für einen Mann? Seit der Antike, seit dem Bestehen der Welt liebten die Frauen Frauen. Also, wo ist das Problem?“ Von 1959 bis 1969 widmete sie sich dem französischen Chanson, entdeckte und förderte neue Talente wie Serge Gainsbourg und Leo Ferré. 1982 erschien mit Jujube ihre Autobiografie.

Gréco erlitt 1989 einen Schlaganfall und zog sich zeitweise von der Bühne zurück.

Sie erlitt im Mai 2001 bei einem Auftritt in Montpellier einen leichten Herzinfarkt. Mit ihrem Ehemann, Gérard Jouannest, lebte sie auf einem Bauernhof in der Nähe von Paris und hatte von 2004 an wieder Auftritte im In- und Ausland. Ein Konzert, das sie im Rahmen ihrer Abschiedstournee im Januar 2017 in der Zürcher Oper geben sollte, wurde jedoch aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Jouannest starb am 16. Mai 2018 in Ramatuelle an der Côte d'Azur.

Gréco lebte zuletzt zurückgezogen und trat nicht mehr auf. Sie starb am 23. September 2020, ebenfalls in Ramatuelle.

Filmografie

24.09.2020 um 10:52 Uhr von Redaktion

1949: Orpheus

1949: Eine Heilige unter Sünderinnen (Au royaume des cieux)

1956: Weiße Margeriten (Elena et les Hommes)

1957: Zwischen Madrid und Paris (The Sun Also Rises)

1958: Bonjour Tristesse

1958: Die Wurzeln des Himmels (The Roots of Heaven)

1959: Die schwarze Lorelei (Whirlpool)

1965: Onkel Toms Hütte

1965: Belphégor oder das Geheimnis des Louvre (TV-Mehrteiler)

1967: Die Nacht der Generale (The Night of the Generals)

2002: Jedermanns Fest

Diskografie

24.09.2020 um 10:52 Uhr von Redaktion

Studioalben

JahrTitelChartplatzierungen[6]Anmerkungen

FR FRBEW BEW

2003Aimez-vous les uns les autres ou bien disparaissez...34

(13 Wo.)—

Polydor/Universal

2006Le Temps d’une chanson39

(15 Wo.)—

Polydor/Universal

2009Je me souviens de tout40

(8 Wo.)70

(1 Wo.)

2012Ça se traverse et c’est beau34

(6 Wo.)—

2013Gréco chante Brel57

(5 Wo.)125

(5 Wo.)

2015Merci189

(1 Wo.)186

(2 Wo.)

Weitere Studioalben

 

1964: Gréco chante Mac Orlan (Neuauflage 2001 Mercury/Universal)

1967: La Femme (Réédition 1998 Mercury/Universal)

1991: Juliette Gréco chante Maurice Fanon (Neuauflage 2002 Mercury/Universal)

1993: Vivre dans l’avenir (Réédition 2002 Universal)

1998: Un jour d’été et quelques nuits (Disques Meys)

Livealben

1965: Juliette Gréco à la Philharmonie de Berlin (LP: Philips)

1966: Juliette Gréco in Deutschland (LP: Philips)

1992: Juliette Gréco à l’Olympia (Doppel-CD, Neuauflage 2004 Mercury/Universal)

1999: Juliette Gréco Odéon 1999 (Doppel-CD, Disques Meys)

2004: Juliette Gréco Olympia 1955 – Olympia 1966 (Mercury/Universal)

2004: Juliette Gréco Olympia 2004 (Doppel-CD, Polydor/Universal)

Kompilationen

1990: Je suis comme je suis (Doppel-CD, Neuauflage 2002 Mercury/Universal)

1991: Déshabillez-moi (Doppel-CD, Neuauflage 2003 Mercury/Universal)

2003: L’Éternel féminin – Gesamtaufnahme in 21 CD (Mercury/Universal)

Singles

Accordéon

À la belle étoile

Ça va (Le diable)

C’est à aimer que le temps passe

Chanson pour l’Auvergnat

Coin de rue

Daphénéo

Déshabillez-moi

Dieu est Nègre

Embrasse-moi

Il y avait

Je hais les Dimanches

Je suis comme je suis

La belle vie

La Chanson de Barbara

La Chanson de Margaret

La fiancée du pirate

La fourmi

La rue

La Rue des Blancs Manteaux

Les cloches (& La Tzigane)

Les croix

Les dames de la poste

Les enfants qui s’aiment

Les feuilles mortes

L’Éternel féminin

L’ombre

Paris Canaille

Parlez-moi d’amour

Romance

Sir Jack l’éventreur

Si tu t'imagines

Sous le ciel de Paris

deutsche Texte (Album Abendlied):

 

Die Ameise (La fourmi)

Mein Kind, sing! (Mon fils, chante)

Die Gammlerin (La rôdeuse)

Lösch die Lampe aus (freie Übersetzung von Déshabillez-moi)

Der tote Baum (Sur l’arbre mort)

Davor hab ich Angst (J’en tremble)

Abendlied (Et le pays s’endort)

Videoalben

2004: Juliette Gréco Olympia 2004 (Polydor/Universal).

Auszeichnungen

24.09.2020 um 10:51 Uhr von Redaktion

2004 – DIVA-Award

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