Valery Giscard d'Estaing

* 02.02.1926 in Koblenz, Deutsches Reich
† 02.12.2020

Angelegt am 03.12.2020
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Über den Trauerfall (16)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Valery Giscard d'Estaing, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Valéry Giscard d’Estaing

03.12.2020 um 10:26 Uhr von Redaktion

Valéry René Marie Georges Giscard d’Estaing (Aussprache: [vale'?i ?is?ka?d?s't?~] Audio-Datei / Hörbeispiel anhören?/i; * 2. Februar 1926 in Koblenz, Deutsches Reich; † 2. Dezember 2020 in Authon, Département Loir-et-Cher) war ein französischer Politiker, der von 1974 bis 1981 Staatspräsident von Frankreich war.

 

Zuvor war er Vorsitzender der liberalen Républicains indépendants sowie 1962–1966 und 1969–1974 Finanz- und Wirtschaftsminister. Nach seiner Präsidentschaft war er Vorsitzender der von ihm gegründeten bürgerlichen Partei UDF sowie von 1986 bis 2004 Präsident des Regionalrats der Auvergne. 2002 trat er zur neuen Mitte-rechts-Partei UMP über. Als „Elder Statesman“ war Giscard 2002/03 Präsident des Europäischen Verfassungskonvents und gehörte ab 2003 der Académie française sowie ab 2004 dem französischen Verfassungsrat an.

 

Er starb am 2. Dezember 2020 auf seinem Anwesen in Authon an den Folgen von COVID-19.

Familie und Jugend

03.12.2020 um 10:25 Uhr von Redaktion

Valéry Giscard d’Estaing wurde als Sohn von Finanzinspektor Jean Edmond Lucien Giscard d’Estaing (* 29. März 1894 in Clermont-Ferrand; † 3. August 1982 in Chanonat) und May Marthe Clémence Jacqueline Marie Bardoux (1901–2003) in Koblenz geboren, wo sein Vater ab 1921 als Oberfinanzinspektor der französischen Besatzungsarmee im Rheinland stationiert war. Kurz nach der Geburt seines Sohnes wurde er im Juli 1926 nach Paris versetzt, wo er im Finanzministerium, später im Conseil d'Etat diente und von 1932 bis 1947 Bürgermeister von Chanonat war. Er wurde auch Mitglied des Institut de France.

 

Valéry Giscard d’Estaing wurde eingeschult in Clermont-Ferrand, Puy-de-Dôme (École Gerson, Lycée Blaise-Pascal in Clermont-Ferrand) bevor er in Paris die Gymnasien Lycée Janson-de-Sailly und Lycée Louis-le-Grand besuchte. 1942 absolvierte er ein double baccalauréat (Zweifach-Abitur) in philosophie und mathématiques élémentaires. Nach dem Abitur trat er wieder in das Lycée Louis-le-Grand ein für ein Vorbereitungsjahr, um sich für ein Studium an Elitehochschulen zu bewerben.

 

Doch der Zweite Weltkrieg unterbrach diese Planung. Paris war seit Juni 1940 unter deutscher Besatzung. Im August 1944 schloss er sich mit 18 Jahren der Résistance an. Bei der Befreiung von Paris wurde er der Gruppe zugeteilt, die den Politiker Alexandre Parodi schützte.

 

In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurde Valéry Giscard d’Estaing als Soldat eingesetzt. Mit den Forces françaises libres nahm er in der 1. Armee unter General de Lattre de Tassigny am Vormarsch nach Deutschland teil. Am 26. April 1945 war er im ersten Panzer, der in Konstanz einrückte.

 

Im Anschluss nahm er das Vorbereitungsjahr am Lycée Louis-le-Grand wieder auf und bewarb sich für ein Studium an zwei Elitehochschulen. Zunächst wurde er 1946 bei 'X', der École polytechnique, aufgenommen und machte dort 1948 seinen Abschluss. Unmittelbar danach peilte er das Studium an der École nationale d’administration (ENA) an. Sein Eintritt wurde durch den Erlass vom 19. Juli 1948 erleichtert, der es einem Polytechniker erlaubt, ohne Vorprüfung einzutreten.

 

Bevor er das Studium an der ENA aufnahm, reiste er in die Vereinigten Staaten und nach Kanada: Er fand in Montreal eine befristete Stelle als Lehrer am Collège Stanislas. Am 3. Januar 1949 trat er der ENA bei. Er absolvierte ein achtmonatiges Praktikum im Saarland, an dessen Ende er eine Dissertation mit dem Titel Le Rattachement économique de la Sarre à la France („Die wirtschaftliche Anbindung des Saarlandes an Frankreich“) schrieb, für die er die Note 19/20 erhielt. Nach Abschluss der ENA als sechster (von 385) seines Jahrgangs (Promotion „Europa“ 1949–1951) trat er in die Generalinspektion der Finanzen ein.

 

1952 heiratete er Anne-Aymone Sauvage de Brantes, mit der er vier Kinder hatte:

Valérie-Anne (* 1953, verheiratet mit dem Verleger Bernard Fixot),

Henri (* 1956, Vorstandsvorsitzender des Club Méditerranée),

Louis (* 1958, Bürgermeister von Chamalières) und

Jacinte (* 1960, Tierärztin, verheiratet mit dem Architekten Philippe Guibout).

Der Arzt Robert Giscard (1923–1993) und dessen Bruder, der Agrarwissenschaftler Alain Giscard, beide Brüder der GAEC (französisch „agrargenossenschaftliche Körperschaft“) der Communauté de Taizé, sind seine Vettern.

Frühe politische Karriere

03.12.2020 um 10:23 Uhr von Redaktion

Im gleichen Jahr begann Giscard d’Estaing seine berufliche Laufbahn nach dem Vorbild des Vaters in der Finanzinspektion. Dort verblieb er bis 1956, legte aber diese Aufgabe nieder, um ein Abgeordnetenmandat für das Département Puy-de-Dôme anzunehmen, für das schon sein Großvater lange Zeit einen Sitz innehatte. Am 2. Januar 1956 wurde er für das rechtsliberale Centre national des indépendants et paysans (CNIP) in die Nationalversammlung gewählt. Von 1956 bis 1958 war Giscard d’Estaing Mitglied der französischen UNO-Delegation.

 

1962 wurde er schließlich als jüngstes Kabinettsmitglied Staatssekretär im Finanzministerium und erzielte beachtliche Erfolge in der Haushalts-, Stabilitäts- und Währungspolitik. Das CNIP spaltete sich im selben Jahr aufgrund der von Präsident Charles de Gaulle initiierten Verfassungsreform, nach der der Staatspräsident künftig direkt vom Volk gewählt werden sollte. Während die Mehrheit und Führung des CNIP die Änderung ablehnte und der Regierung das Misstrauen aussprach, gehörte Giscard zu den Befürwortern. Mit einer Gruppe weiterer Abgeordneter (u. a. Raymond Marcellin, Jean de Broglie) verließ er das CNIP und gründete die Fraktion der Républicains indépendants (unabhängige Republikaner).

 

Kurze Zeit später wurde er auf Vorschlag des Premierministers Georges Pompidou zum Minister für Finanzen und wirtschaftliche Fragen ernannt und amtierte bis 1966. Doch seine Popularität schwand schnell. Nachdem es ihm nur knapp gelungen war, sich bei der folgenden Wahl 1965 gegenüber dem rivalisierenden Kandidaten durchzusetzen, übertrug Präsident de Gaulle das Ministerium Anfang 1966 Michel Debré. Bis zu Beginn seiner Präsidentschaft 1974 behielt Giscard d’Estaing sein Abgeordnetenmandat.

FNRI-Vorsitzender und „Superminister“

03.12.2020 um 10:23 Uhr von Redaktion

Nach seiner Entlassung als Minister bemühte er sich, die Républicains indépendants unabhängiger vom gaullistischen Koalitionspartner zu machen. Bis dahin hatte die Gruppierung nur als Parlamentsfraktion existiert, nun gründete Giscard ergänzend die Fédération nationale des républicains et indépendants (FNRI, „Nationales Bündnis der Republikaner und Unabhängigen“) als außerparlamentarische Parteiorganisation und wurde deren erster Vorsitzender. Die unabhängigen Republikaner trafen zwar bei Wahlen weiterhin Absprachen mit der gaullistischen UDR, um sich im Mehrheitswahlsystem Parlamentsmandate zu sichern, und waren als kleiner Koalitionspartner an der Regierung beteiligt, Giscard äußerte aber zunehmend öffentliche Kritik und grenzte sich vorsichtig von der gaullistischen Regierungsmehrheit ab. Dies kann als Strategie des « oui, mais… » („Ja, aber…“) zusammengefasst werden.

 

Er bekannte sich erstmals offen zu den Zielsetzungen einer Europäischen Einigung und unterstützte in diesem Zusammenhang die Bewerbung des Vereinigten Königreichs um Aufnahme in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 1969. Seine Partei erlitt bei der Wahl zur Nationalversammlung 1968 eine Wahlniederlage. Beim Referendum 1969 zur Senats- und Regionalreform gab die FNRI keine Wahlempfehlung ab: Die meisten ihrer Abgeordneten und Minister waren dafür, Giscard persönlich erklärte jedoch öffentlich dagegen zu stimmen.

 

Giscard präsentierte sich bewusst volksnah und locker, womit er sich von den meisten französischen Politikern (allen voran de Gaulle) abhob, die in der Öffentlichkeit sehr steif und distanziert wirkten. Bei einer in seiner Wohnung aufgezeichneten Fernsehsendung erschien er im Pullover statt Anzug und Krawatte. Von einer Parteiversammlung fuhr er mit der Metro statt mit dem Dienstwagen ins Finanzministerium. Großes Aufsehen erregte ein Auftritt im Juli 1969, bei dem er im karierten Hemd Akkordeon spielte. Auch beim Fußball- oder Polospielen, Skifahren und Baden im Meer ließ sich VGE abbilden oder filmen. Seine Familie wurde nicht von der Öffentlichkeit abgeschirmt, sondern war Teil dieser Inszenierung. Dies entsprach eher dem Stil amerikanischer Politiker und führte zu Vergleichen mit John F. Kennedy.

 

Als der alte und kranke Präsident de Gaulle 1969 zurücktrat und eine vorgezogene Präsidentschaftswahl auslöste, erwog Giscard kurzzeitig zu kandidieren. Der Zeitpunkt erschien ihm aber noch zu früh und er fürchtete, dass eine Niederlage seine politische Karriere langfristig gefährden würde. Stattdessen unterstützten die unabhängigen Republikaner den gaullistischen Kandidaten Georges Pompidou, der sich auch durchsetzte. Als „Belohnung“ für die Unterstützung Pompidous wurde Giscard erneut zum Minister für Finanzen und Wirtschaft ernannt. Als solcher gehörte er dem Kabinett von Jacques Chaban-Delmas von 1969 bis 1972 an. Auch Pierre Messmer, der von 1972 bis 1974 die Funktion des Premierministers übernahm, bestätigte ihn in dieser Funktion. Deutschsprachige Medien titulierten ihn in dieser Zeit als „Superminister“.

Als durch den Tod Pompidous 1974 abermals eine vorgezogene Präsidentschaftswahl erforderlich wurde, präsentierte sich Giscard d’Estaing als Kandidat. Er wollte aber nicht als Parteikandidat der FNRI wahrgenommen werden, sondern als überparteiliche Persönlichkeit der bürgerlichen Mitte. In der Erklärung seiner Kandidatur wandte er sich an „Sie alle, UDR-Wähler, unabhängige Republikaner, Zentristen, Reformer.“ Neben seiner eigenen Partei nominierten ihn auch die kleineren bürgerlichen Parteien Centre démocrate, Centre républicain, CNIP sowie – wenige Tage vor der Wahl – die linksliberale Parti radical von Jean-Jacques Servan-Schreiber. Hinzu kam ein abtrünniger Flügel der Gaullisten – als prominentester Vertreter Jacques Chirac – der sich gegen den offiziellen UDR-Kandidaten Chaban-Delmas und für Giscard d’Estaing aussprach.

Präsidentschaft

03.12.2020 um 10:21 Uhr von Redaktion

Von 1974 bis 1981 war Giscard d’Estaing Staatspräsident von Frankreich. Als Präsident ernannte er Chirac zum Premierminister. Infolge von Spannungen zwischen den beiden trat Chirac 1976 zurück. An seine Stelle trat im August Raymond Barre, den der Präsident als den „herausragendsten Ökonomen Frankreichs“ bezeichnete und mit dem er einen umfassenden Plan zur Wirtschafts- und Sozialreform vorbereitete.

 

Die Amtszeit von Valéry Giscard d’Estaing war geprägt von einer Stagflation seit der ersten Ölkrise im Jahr 1973/74. Der Französische Franc verlor gegenüber der D-Mark deutlich an Wert. (Näheres unten)

 

In seine Amtszeit fielen gesellschaftspolitische Reformprojekte, wie die Gesetzgebung zur Ehescheidung in gegenseitigem Einvernehmen oder zur Abtreibung. Das Volljährigkeitsalter wurde von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt. Giscard d’Estaing bezeichnete sich selbst als Gegner der Todesstrafe. Die meisten Todesurteile wandelte er in lebenslange Freiheitsstrafen um. Drei Verurteilte, denen er die Begnadigung verweigerte, wurden allerdings unter seiner Präsidentschaft hingerichtet, zuletzt 1977 Hamida Djandoubi als das letzte Opfer der Todesstrafe in Frankreich. Giscard d’Estaing setzte die Abschaffung der Todesstrafe nicht auf die politische Tagesordnung. Erst 2007 wurde sie durch eine Verfassungsänderung offiziell abgeschafft.

 

 

Giscard d'Estaing (2. von links) mit dem deutschen Bundespräsidenten Walter Scheel (3. von links), 1975

Als entschiedener Befürworter des europäischen Aufbauprozesses bestand seine Vision schon vor seinem Eintritt in die aktive Politik aus einem Staatenbund nach Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika. In diesem Rahmen, als dritte Alternative zu einem übernationalen Europa und einem Nationalstaat, begründete er die regelmäßige Abhaltung von Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EG (heute Europäischer Rat) und unterstützte die Erweiterung der Befugnisse des Europäischen Parlaments, insbesondere in Bezug auf Fragen der Budgetverwendung. Für das Europäische Parlament wurde erstmals 1979 eine Direktwahl nach allgemeinen und unmittelbaren Abstimmungsgrundsätzen eingeführt.

 

Giscard d’Estaing wahrte die ökonomische und politische Position Frankreichs gegenüber den afrikanischen Staaten, wie auch gegenüber den Supermächten. Er betonte wiederholt die volle politische Entscheidungsfreiheit seines Landes, das nie zur „Provinz einer Supermacht“ degradiert werden dürfe. Er traf sich im Mai 1980 mit Leonid Breschnew in Warschau ohne greifbares Ergebnis, nachdem er die sowjetische Intervention in Afghanistan zurückhaltend kommentiert hatte. Er forderte die Bundesrepublik Deutschland dazu auf, die Rolle Europas in der Weltpolitik zu festigen, was den (damals geringen) deutschen Spielraum in der Außenpolitik erweiterte.

 

Immer noch von dem Willen nach einer Modernisierung beseelt vereinfachte er die protokollarischen Vorschriften für den Präsidentenpalast und bemühte sich auch sonst um eine gewisse Volksnähe. Am Abend seiner Wahl hielt er neben Reden auf Französisch auch ein kurze improvisierte Rede auf Englisch, was damals für französische Politiker sehr ungewöhnlich war und bei den Anwesenden für Erstaunen sorgte.

 

Die Amtszeit von Giscard d’Estaing wurde von den Konsequenzen der beiden Ölkrisen (1973/74 und 1979/80) geprägt. In beiden Fällen kam es zu Ölpreisschocks, die die ohnehin vorhandene Inflation verstärkten. Die Abhängigkeit aller Industrieländer von (billigem) Öl wurde deutlich. Frankreich reagierte darauf unter anderem (getrieben von André Giraud) mit einem massiven Ausbau der Kernenergie (siehe Kernenergie in Frankreich).

 

Angesichts der Notwendigkeit zur Energieeinsparung führte Giscard 1975 die Sommerzeit ein. Ab etwa 1975 gab es eine neue Form von Massenarbeitslosigkeit. Für die geburtenstarken Jahrgänge gab es nicht genug Arbeitsplätze. Auch dem Kabinett Barre (ab März 1976) gelang es nicht, dies zu ändern. Gemeinsam mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt leitete Giscard die Staaten der Europäischen Gemeinschaft an, infolge des Zusammenbruchs des Weltwährungssystems von Bretton Woods und der mit den Ölpreis-Schocks verbundenen rasanten Inflation, Schritte zu deren Überwindung und zur Einführung eines Europäischen Währungssystems (EWS) zur Reduzierung der Wechselkursrisiken zwischen den Mitgliedsstaaten einzuleiten. Die im Zusammenhang mit dem EWS aus dem Währungskorb geschaffene Rechnungswährung ECU (European Currency Unit) war Vorläufer des Euro. Dank der großen wirtschafts- und finanzpolitischen Übereinstimmung zwischen d’Estaing und Schmidt entwickelten die beiden befreundeten Politiker den Plan von informellen Treffen der wirtschaftlich wichtigsten Staaten USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien (G7), die sich im Schloss Rambouillet auf Einladung Giscard d’Estaings erstmals zu „Kamingesprächen“ ohne feste Tagesordnung, Protokoll und große Stäbe trafen.

 

Giscard d’Estaing traf während seiner Präsidentschaft auch eine Reihe von symbolischen Entscheidungen: Noch im Jahr seines Amtsantritts 1974 ordnete er an, die Nationalhymne – La Marseillaise – künftig in einem langsameren Tempo zu spielen, um sie weniger kriegerisch und stärker staatstragend klingen zu lassen. Dies wurde sieben Jahre später von seinem Nachfolger François Mitterrand wieder rückgängig gemacht. Nach dem Ende seiner Amtszeit ging Giscard sogar noch weiter und stellte auch den martialischen Text der Hymne in Frage. 1974/75 schaffte er die offiziellen Feiern zum Tag der Befreiung bzw. „Tag des Sieges“ am 8. Mai (Jahrestag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht 1945) ab und führte stattdessen einen „Europatag“ ein. Für Giscard schien es nicht mehr zeitgemäß, den Sieg über ein Nachbarland zu zelebrieren, mit dem Frankreich mittlerweile verbündet und befreundet war. Dagegen protestierten jedoch ehemalige Résistance-Kämpfer und Holocaustüberlebende sowie Gaullisten, Kommunisten und Giscards späterer Nachfolger François Mitterrand von den Sozialisten. Dieser führte die Feiern zum 8. Mai nach seiner Amtsübernahme 1981 wieder ein.

 

Die traditionelle Neujahrsansprache des Staatspräsidenten hielt Giscard 1975 gemeinsam mit seiner Frau. 1977 initiierte der Präsident eine neue Briefmarkenserie der französischen Post, auf der die Revolutionsikone Marianne durch ein Bild der Sabinerin Hersilia (eine Figur der römischen Mythologie, nach einem Gemälde von Jacques-Louis David) ersetzt wurde, die ein Symbol der Versöhnung und Eintracht sein soll. Zudem wurde auf den Briefmarken der Schriftzug République française zu France verkürzt. Unter Mitterrand kehrte La Poste zu einer revolutionären Marianne und zur Aufschrift République française zurück.

 

Zum Ende seiner Amtszeit kam es zu einem Skandal, als der Diktator der Zentralafrikanischen Republik und spätere Kaiser Bokassa Giscard bei privaten oder Staatsbesuchen mit Diamanten beschenkte. Letztlich gab er diese Geschenke zurück, doch sein Ansehen hatte mit der Annahme der Geschenke – insbesondere im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen von 1981 – einen irreparablen Schaden erlitten. Vor dem zweiten Wahlgang (Stichwahl) kam es zu einem erneuten Duell zwischen beiden verbleibenden Kandidaten d’Estaing und Mitterrand (1974 war es eine Radioübertragung gewesen; am 5. Mai 1981 war es ein Fernsehduell); vierzehn Tage später verfehlte er mit 48,25 % die Mehrheit und musste sein Amt für den neuen Präsidenten François Mitterrand räumen.

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